incarnatus est (HUS Karnatmaler und Einfleischer)
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HUS war keine unbefleckte Empfängnis, doch kaum geboren, nahm er seine Eltern bei der Hand und führte sie (im gelobten Land) an den Brunnen, wo sie sich laben konnten. HUS (rechts im Bild) mit seinem Bruder und dem Grossvater mütterlicherseits, der ein begnadeter Mechaniker und Lokomotivführer war. Er baute den ersten Jeep für Kinder aus Anticorodal. HUS hat damit ganze Gartenzäune umgefahren.
HUS mit dem Sennenhund Prinz. Diese Fotografie nahm die amerikanische TV Industrie zum Anlass, Serien wie Lassie, Rintintin und Rusty, sowie Flipper und Fury zu produzieren. HUS, der Erfinder des tiergestützten Kinderabenteuers ging leer aus, da man damals das Urheberrecht noch nicht so streng anwandte. Prinz hat dann später HUS in die Hand gebissen, als dieser einen Stein in den Bach werfen wollte. HUS war in der Folge traumatisiert und hatte fortan Angst vor Hunden. Prinz starb in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Sein Fell wurde noch lange in der Sonntagsstube am Boden ausgelegt. HUS hat schon sehr früh erfahren müssen, wie flach Lebewesen eines Tages werden können.
K wie Kusine. Kusine Mary aus England sprach nur Englisch. HUS erfand deshalb die Gebärdensprache und er und seine Geschwister Rolf und Kathrin unterhielten sich mit Mary durch wildes Gefuchtel, Handzeichen sowie indianischen Lauten wie etwa: "Du sitzen auf Schlitten, Mary". Und Mary zeigte auf den Schlitten und wiederholte, mit dem für Engländerinnen und Amerikanerinnen typischen Akzent, das Wort Schlitten. Schlittenfahren im Garten des Mehrfamilienhauses an der Morgenstrasse 26 in Bümpliz war eine beliebte Wintersportart. Kaum fiel eine Schneeflocke, wurde diese von den Kindern ausgebeutet.
HUS hat Pate John viel zu verdanken. John beschäftigte sich mit Numismatik, sammelte altes Geld und HUS durfte schon als kleiner Junge römische und griechische Münzen in die Hand nehmen. John nahm HUS auch mit, wenn die Archäologen irgend ein Grab im Raume Bern ausgruben. Einmal sah HUS sogar richtige Totenschädel und anderes Gebein. Neben der Freude an der Archäologie, erweckte John bei HUS auch die Freude an schönen Frauen. Hinter seiner Braut, der Amerikanin Mary, einer begnadeten Pianistin, steht die Grosstante von HUS und Mutter von John. Tante Luggi (wahrscheinlich Louise?) hatte als erste ein TV Gerät. HUS und seine Geschwister durften bei ihr, eine Strasse weiter, all die Serien sehen gehn, die man HUS und Prinz abgeguckt hatte. Tante Luggi hatte auch als erste einen Kühlschrank mit Gefrierfach. Sie war in der Lage Vanilleeis zu produzieren. Ein weiterer Grund die Tante, die mit Onkel Hans, ihrem Mann, lange Zeit in Amerika gelebt hatte, zu besuchen.

Unterschiedlicher konnten zwei Grossmütter nicht sein. HUS übernachtete gerne bei der Bern-Grossmutter (rechts). Bei ihr gab es Jerry Cotton vom FBI und den Kriminalroman der Woche mit dem Kommissar Alan Wilton von Interpol (sogenannte Schundhefte) zu lesen. Einmal hatte der Grossvater reumatische Beschwerden und Grossmutter beschloss, man müsse ihn schröpfen. Bei der Prozedur war HUS nicht anwesend. Der Grossvater wurde HUS am Abend nackt vorgeführt. Sein Rücken war voller Beulen. HUS erschrak und meinte, der Grossvater hätte die Beulenpest. Grossmutter klärte den Jungen auf indem sie ihm selber ein Schröpfglas setzte. Mit einem Bunsenbrenner wird dem Glas der Sauerstoff entzogen, so dass beim Abkalten ein Vakuum entsteht, welches das Haut- und Fettgewebe ins Innere des Glases zieht. Wenn man das Glas entfernt, bleiben runde blaue Beulen übrig. Durch das Saugen sollen dem Körper giftige Säfte entzogen werden. In der Familie ging auch die Geschichte um, dass schon mal Blutegel zum Einsatz kamen. Wo und durch wen, sowie an wem, ist nicht überliefert . Die Oberwil Grossmutter ist vor dem ersten Weltkrieg mit ihren Eltern und Geschwistern aus Leipzig in die Schweiz gezogen. Der Vater, ein sogenannter Oberschweizer, hatte den Viehbestand einer kaiserlich-königlichen Domäne zu bestellen. Grossmutter wurde in wilhelminischer Zeit zum Humanismus erzogen und konnte Zeit Lebens das nie enden wollende Gedicht von Julius Sturm, "Schön leucht mir der Morgenstern" in lupenreinem sächsisch auswendig rezitieren. HUS war in der Folge zeitlebens hin- und hergerissen zwischen Jerry Cotton und den Sätzen: "Wie schön leuchtet der Morgenstern! Hab' doch kein andres Lied so gern! ".

Der Oberwil Grossvater hier mit seiner Jubiläumsurkunde. 40 Jahre amtete der Jubilar zum Zeitpunkt der Aufnahme als Gemeindeschreiber und Zivilstandsbeamter . In seinem Büro entstanden die ersten überlieferten Zeichnungen von HUS.
Zwei Kehrichtkübel (Patent Ochsner) der Stadt Bern im Einsatz. HUS und sein Bruder Rolf, genannt Güfi, bereiten sich für "Wetten dass" vor, obschon dieses TV Format noch gar nicht erfunden worden war.
Vater und Grossvater von HUS haben zusammen ein, nennen wir es doch einfach Papamobil, geschaffen. Das Papamobil war ein Anhänger, welcher von Hand (von Papa) gestossen werden konnte. Eine mit einem Stahlrahmen verstärkte Kiste auf Rädern mit vier Stützen, die man herunterlassen konnte. Im Kasten brachte man das Zelt für den Transport unter. Der Kasten, einmal vom Fahrgestell genommen und auf die Stützen gestellt, hatte wiederum im Zelt Platz und wurde zum Kleider- und Küchenschrank. Auf der Seite konnte man ein Brett befestigen, auf das der Butangaskocher gestellt wurde. Der TCS Zeltplatz in Gampelen am Neuenburgersee wurde zur Sommerresidenz der Familie. Zwei Ferienversuche in Rimini und Nyon wurden von den Kindern als untauglich befunden. Zurück nach Gampelen war die einhellige Devise. Einmal zeriss ein Sturm das Zelt. Es war der Weltuntergang. Der Vater hielt den Zeltmast, die Mutter betete mit den Kindern zum lieben Gott, er möge doch diesen Unsinn einstellen. Die Betenden wurden vom Zeltplatzwart evakuiert und der Vater musste die Stellung, beziehungsweise den Mast halten. Das neue Zelt hatte im Papamobil Platz und die Familie bezog fortan eine Parzelle im Wald. Die Option, dass ein Baum auf das Zelt fallen könnte, wurde vor den Kindern aus naheliegenden Gründen nicht diskutiert.
Eines Tages hatte auch Vater ein Auto. Einen Peugeot 404. Das Papamobil kam aber nach wie vor zum Einsatz. HUS und seine Kumpanen kamen langsam in die Pubertät. In Marin, hinter der grossen Mauer, lag der Nudistenzeltplatz. Von aussen hörte man am Morgen Musik durch ein Megaphon. Das Frühturnen. Der Obernackte gab Anweisungen ebenfalls durch das Megaphon: Auf, ab, auf, ab.... Wir stellten uns dieses Auf-Ab natürlich vor und wippten unmerklich mit. Die Nacktheit musste etwas ganz besonderes sein, dass Menschen eine solche Gefängnismauer um sie herum bauen konnten. Wir kamen uns ausgeschlossen vor. Gefangen in der Freiheit der Bekleideten. D's Paradisli, nannten die Leute die Anlage. Das Geheimnis sollte nicht länger Geheimnis bleiben. HUS, zwei Schulkollegen und sein Bruder Rolf, machten sich mit Taucherbrillen und Schnorcheln, um die man zur Tarnung Schilfrohre gebunden hatte, auf den Weg. Dieser führte aussen herum, über einen Steg durch den Schilfgürtel hinaus zum See. Auf dem Seeweg sozusagen, das Wasser ist da ca. ein Meter tief, pirschte sich die Gruppe unter der Führung von HUS, heran an die verwegene Nacktheit der Bewohner des Paradieslis. Auf halbem Weg, an einer Sandbank, gab HUS den Befehl, die Gruppe solle sich der Badehosen entledigen, da sonst die Tarnung auffliegen würde. Man liess auch die Taucherausrüstungen zurück und bewegte sich wie ganz normale Nudistenkinder hinein unter die ebenfalls nackt Badeneden.
Als erstes kam es zu einer Begegnung mit zwei hochdeutsch sprechenden Damen. Eine davon sonnte sich ausgelassen auf einer Luftmatraze, die andere bewegte dieses Paket durch das Wasser. Es entzieht sich uns der Ausdruck in den Gesichtern der vier Jungen. Man kann nur mutmassen, ja davon ausgehen, dass beim Anblick dieser vollen Pracht echter braunbegrannter deutscher Brüste, und dem Haarbusch zwischen den ordentlichen Schenkeln, ihnen die Kinnladen ganz heruntergefallen sind, zu Schweigen, von jenen Prozessen, die unter dem Wasserspiegel sich zugetragen haben durften. Als auf dem Holzsteg eine junge hüpfende Nacktheit mit wallendem langem Haar auftauchte, war Jürg R. nicht mehr zu halten. Er crawlte in Richtung Steg und die Aufregung unter den Buben wurde von zwei Nudisten wahrgenommen. Die beiden Männer stellten die Gruppe zur Rede und als heraus kam, was augenscheinlich nicht zu bemerken war, ging eine wilde Verfolgungsjagd los. Beinahe hätte es den kleinen Bruder von HUS erwischt und man weiss bis heute nicht, wie die Nudisten mit den Eindringlingen verfahren wären. So prägte sich die Nacktheit in HUS Kopf als einerseits etwas Begehrliches, als auch etwas gemeinhin Gefährliches ein. Eines war aber den Jungen gemein, noch lange erzählten sie sich an Lagerfeuern, von der Expedition ins Reich der grossen deutschen, braungebrannten Brüste, der prallen Schenkel und Haarbüschel und an das hüpfende Mädchen mit den wallenden Haaren im Winde des Neuenburger Sees.

HUS reiste in den 70er Jahren auch nach Aegypten. Hier bestieg er in einer 4er Gruppe die Cheops Pyramide. Das Abenteuer kostete 50 Pfund. Der Kassierer, ein herumstreunender Beduine mit einem Vorderladergewehr, wurde später von der Polizei angehalten. Das Geld, die 50 Pfund, wurden ihm abgenommen und die Polizisten teilten es sich untereinander auf. HUS besuchte noch andere Ruinen in Aegypten. So die Ruinen der Stadt Suez nach dem Jom-Kippur-Krieg.

Krieg ist aller Dinge Vater, aller Dinge König. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien. (Heraklit)

...und ganz viele wiederum andere macht er zu Leichen. Die Waffenhändler aber macht er zu Milliardären . (HUS)

Bali war damals noch (gerade) das Paradies, obschon man ihn schon damals gewarnt hatte, Bali sei doch von Touristen überlaufen. Schon bald hatte HUS den Heiratsantrag einer Tuchhändlerin von Sanur Beach in der Tasche und hätte sich wie ein kleiner Gaugin einfach auf die Insel absetzen können. Noch nicht reif für's Paradies, flog HUS zurück ins faustische Dickicht der abendländischen Kultur. Und begann Striche zu malen. Tausende und abertausende von Strichen. Wie Robinson, der seine Tage eingekerbt hatte, kerbte HUS Sekunden und Tage und auch Jahre ein. HUS malte die Zeit in ihrer jeweiligen Zeit. Malte HUS die Zeit, in der er nicht auf der Insel wahr, so wie Robinson die Zeit kerbte in der er auf der Insel war? Der erste SELF (Selbstbildnis), ein fleischfarbener Riesenkopf auf einem übermalten Strichbild, ist eine der ersten Einfleischungen von HUS. Nachdem HUS jedem damals lebenden Menschen ein Denkmal gesetzt hatte (5 Milliarden Striche), fiel er auf sich selbst zurück. "Ich rasiere mich täglich, also bin ich, denn rasiere ich mich dereinst nicht mehr, ist mein Rasierapparat kaputt." (HUS)
1976 trat Martina in das Privatleben von HUS ein und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute zusammen. site is still under construction
Pablo der Erstgeborene auf dem Pferd Hasa. Der Sohn setzt das Erbe des Vaters fort . Für die neue TV Serie war der junge Araberhengst Hannibal vorgesehen. Aus diplomatischen Gründen sah man aber von diesem Serientitel ab. Die Serie kam nicht zu stande, der Name Hasa wurde für untauglich befunden als Brand. Taddange, so nannte klein Pablo die Traktoren die durch das Dorf knatterten. Als einmal ein Freund von HUS mit Pablo zu dem Dorfschmid ging, welcher auch die Landmaschinen reparierte, kam der Freund nach einer Stunde ohne das Kind zurück und beklagte sich, der Kleine wolle nicht mehr von dem Traktor runter, auf den er ihn gesetzt habe. Er habe ihn gefragt, weshalb er den nicht herunter wolle, es sei doch nun genug, da habe der Kleine geantwortet: Weist du, ich bin halt famatisch! In der Familie von HUS sind alle ein wenig famatisch.
Seit 1995 lebt und arbeitet HUS auf der Insel Sehnah (www.sehnah.com). Die ersten Einfleischungen nahm er in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts vor. Passion oder Obsession? Religiöse Handlung oder materialistischer Animismus? HUS beruft sich auf Letzteren. Er bezeichnet sich als radikalen Agnostiker. Fleisch ist Leben, Fleisch ist Tod, der Hahn lebt, der Hahn wird ermordet, wird Poulet, wird zum "Coq au vin de Bourgogne".

"Wenn das Fleisch wieder Wort wird" Interview von Anna Felizitas Grazi (berenanews-online)