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DGGH1 Die grosse Gummihose N°1



A.F. Grazi hat HUS anlässlich der Vernissage in der Nationalgalerie interviewt. Im Brennpunkt des Interviews steht DGGH1 welche erstmals nach Jahren wieder vollständig montiert ausgestellt wird. A.F.G. ist eine gute Kennerin des Werkes von HUS, mit dem sie seit Jahren befreundet ist.

A.F.G: Dein Werk, insbesondere DGGH1 erinnert mich sehr an die Theorien von Lacan, aber auch an den Antiöedipus von Deleuze und Guattari, gibt es da eine Verbindung?

Als ich DGGH1 konstruiert habe -ich sage bewusst konstruiert - da es sich um eine Maschine handelt, obschon Teile davon Bilder sind, hatte ich von den Besagten noch nichts gelesen. Ich war noch zu sehr mit Adorno, der kritischen Theorie und mit Hegel beschäftigt. Zum Hausgebrauch wohlverstanden. Einiges hat mir später K.C. Broom näher gebracht und es gibt in der Tat Ansätze, die in den Poststrukturalismus verweisen. Insbesondere meine späteren Medientheorien „das kleine Glas“ sind noch eindeutiger in diesem Kontext zu sehen. Bei DGGH1 habe ich dem männlichen und dem weiblichen Prinzip ein weiteres angefügt, das ökonomische. In ihm werden die libidinösen Spannungen aufgehoben. Der Urschmerz, die Trennung von der Mutter, die Unmöglichkeit mit ihr wieder eins zu sein, wird durch eine irrationale Wachstumsidee kompensiert. Insofern wird in DGGH1 die Vorherrschaft des ödipalen Themas unterlaufen. Für mich ist der postmoderne Mensch geradezu in der analen Phase stecken geblieben. Dies gilt insbesondere in Überflussgesellschaften in denen das Überleben nicht von Primärbedürfnissen abhängt. Daraus geht die heutige Erfolgsgesellschaft hervor. K.C. Broom nennt diese Prozesse “Demokratisierung der Dummheit“. Diese Perversion hat im Banker seine höchste Ausgestaltung erreicht. Er handelt nur noch mit Exkrementen. Durch Ersatzhandlungen wie Kultursponsoring wird versucht, am wirklichen Leben noch etwas Teil zu haben. Doch das wirkliche Leben existiert schon lange nicht mehr, es ist ebenfalls nur noch ein Label, das von der Selbstverwirklichungsindustrie vereinnahmt wird und Sponsoring ist nicht mehr und nicht weniger als Marketing für das Gedärm des Kapitals. In Kulturbulimie prangert Broom den Avardismus an. Damit all diese Obenaufschwimmer ihre Tattoos präsentieren könnten, hätte man den Bauern die Kuhprämierungen abgekupfert. Misswahlen und Kunstpreise seien ein und derselbe Markt der Eitelkeiten. Alles nachzulesen in “Das Ganze ist das Dumme“ von meinem Freund K.C. Broom. Anders, als z.B. die Honigpumpe von Beuys ist die DGGH1 eine pessimistische Junggesellenmaschine. Ihre Funktion ist die einer Hyperfunktion. Sie wird sich selber zerstören. Dies ist der Tribut, den der Junggeselle verrichten muss, er wird dabei jedoch aufgerieben. Wie beim grossen Glas wird leerer Inhalt produziert. Die Libido der DGGH1 ist die Oekonomie. In der Sexualität der neoliberalen Oekonomie werden nur noch Kunst-Blasen geblasen.

Joseph Beuys

Die Honigpumpe am Arbeitsplatz, eine Metapher für den menschlichen und gesellschaftlichen Organismus, ist in der Gesamtheit ein Symbol für das Herz-Kreislaufsystem des Menschen:

„Mit der Honigpumpe drücke ich das Prinzip der Freien Internationalen Universität aus, im Blutkreislauf der Gesellschaft zu arbeiten. In das Herzorgan - dem stählernen Honigbehälter- hinein und aus ihm heraus fließen die Hauptarterien, durch die der Honig mit einem pulsierenden Ton aus dem Maschinenraum gepumpt wird, durch das Gebiet der Free University zirkuliert und zum Herzen zurückkehrt. Das ganze Gebilde wird erst vervollständigt durch die Menschen im Raum, um den die Honigarterie herumfließt und in welchem der Bienenkopf in den aufgerollten Schlauchwicklungen mit seinen eisernen Fühlern gefunden werden kann.[2]“

Die elektrisch betriebene Pumpe ist das Herz. Das Blut ist der Honig, der als zirkulierende Energie in einem Adersystem aus Plexiglasschläuchen aus dem Untergeschoss durch das Treppenhaus des Museums Fridericianum ins lichtdurchflutete Obergeschoss gepumpt wird. Oben und unten sind eine Metapher für den Körper eines Lebewesens, nämlich als Rumpf und Kopf. Der FIU-Tagungsraum bildet somit das Kommunikationssystem, das die Sprache, Diskussion und Dialog ermöglicht.

Marcel Duchamp